BVG-Auszahlungen bei Wegzug nach Israel
Der Steuerpflichtige X, geboren im Jahre 1959, ist am 30. September 2012 nach Israel ausgewandert, mit der Absicht sich dort niederzulassen. Zuvor lebte und arbeitete X in der Schweiz und zahlte regelmässig obligatorische Beiträge in eine Vorsorgestiftung.
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Mit dem Wegzug aus der Schweiz wurde dem Steuerpflichtigen im Jahre 2012 eine Kapitalleistung aus Vorsorge ausbezahlt, welche in der Schweiz mit Steuern an der Quelle belastet wurden.
Im Jahre 2013 beantragte der Steuerpflichtige, gemäss dem DBA Schweiz/Israel, die Rückerstattung der in der Schweiz abgezogenen Quellensteuern. Mit dem Rückerstattungsanspruch wies der Steuerpflichtige ein amtliches Formular der Israelischen Behörde vor, welches bestätigte, dass der Steuerpflichtige die Kapitalleistung auf ein Bankkonto in Tel Aviv erhalten habe und die Kapitalleistung in Israel steuerrechtlich erfasst wird.
Die Steuerverwaltung in Genf verweigerte daraufhin X die Rückerstattung der Quellensteuer mit der Begründung, dass die Kapitalleistung in Israel effektiv nicht besteuert werde. Gegen den Entscheid der Steuerverwaltung wurde von X eine Beschwerde an das Genfer Verwaltungsgericht eingereicht, welche die Beschwerde guthiess. Dagegen erhob die Steuerverwaltung Genf Beschwerde an die nächste kantonale Instanz, welche diese guthiess und damit den Entscheid der Steuerbehörde Genf bestätigte. Dieser Entscheid wurde vom Steuerpflichtigen an das Bundesgericht weitergezogen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde mit Entscheid vom 25. Januar 2017 (2C_606/2016) mit nachfolgender Begründung abgelehnt:
Welcher Vertragsstaat kann das Besteuerungsrecht beanspruchen
Im Zusammenhang mit der Auszahlung der Kapitalleistung ist X in der Schweiz gestützt auf Art. 5 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 DBG beschränkt steuerpflichtig. Als Empfänger von privatrechtlichen Vorsorgeleistungen mit Wohnsitz im Ausland unterliegt X für die empfangene Kapitalleistung der Quellensteuer gemäss Art. 96 und 100 DBG. Da X gleichzeitig in Israel unbeschränkt steuerpflichtig ist, ist im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Israel zu klären, welcher der beiden Staaten das Besteuerungsrecht für diese Kapitalleistung tatsächlich beanspruchen kann.
Das Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz/Israel erteilt in Art. 18 demjenigen Land das Besteuerungsrecht, in welches die Kapitalleistung schlussendlich transferiert wird. Im vorliegenden Sachverhalt wird die Kapitalleistung von der Schweiz nach Israel transferiert, womit grundsätzlich Israel das Besteuerungsrecht besitzt.
In einem Zusatzprotokoll zum DBA Schweiz/Israel wurde aber präzisiert, unter welchen Bedingungen der empfangende Staat das Besteuerungsrecht zugewiesen erhält. Unter Ziffer 5 des Protokolls wird Folgendes ausgeführt:
«Es besteht Einvernehmen darüber, dass, solange Einkommen einer in Israel ansässigen Person aus schweizerischen Quellen nach geltendem israelischen Recht der Besteuerung in Israel nur im Umfang des in Israel empfangenen Betrages, und nicht in Bezug auf den ganzen Betrag, unterliegt oder solches Einkommen von der Besteuerung in Israel ausgenommen ist, die durch dieses Abkommen (mit oder ohne Bedingungen) gewährte Befreiung oder Herabsetzung im Steuersatz von der schweizerischen Steuer nur für den Anteil des Einkommens gewährt, der in Israel empfangen wird oder in anderer Weise der Besteuerung in Israel unterliegt.»
Das Bundesgericht ging vor allem auf den Schluss der Ziffer 5 ein und befasste sich mit der Frage, was mit der Regelung «… Besteuerung in Israel unterliegt.» gemeint ist. Insofern hatte das Bundesgericht zu entscheiden, ob es genügen würde, wenn die Kapitalleistung bloss nach Israel überführt wird oder in Israel auch tatsächlich besteuert werden muss.
Spezielle Vereinbarungen im Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz/Israel
Im Sinne dieser Regelung vereinbarten die beiden Staaten, dass die Befreiung in der Schweiz nur beansprucht werden kann, wenn die Kapitalleistung in Israel effektiv empfangen und effektiv besteuert wird. Das DBA Schweiz/Israel stipuliert damit das Prinzip des Remittance-base und enthält zusätzlich eine Subject-to-tax-Clause. Mit der Vereinbarung der Subject-to-tax Clause erfolgt aus Sicht der Schweiz damit keine bedingungslose Freistellung der schweizerischen Kapitalleistung.
Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass die Kapitalleistung zwar in Israel empfangen wurde und ebenfalls der Besteuerung unterliegt, jedoch keine effektive Besteuerung stattgefunden hat. In Israel bestehen nämlich privilegierte Rahmenbedingungen für Immigranten, welche diese während zehn Jahren steuerbefreit. X konnte diese Privilegierung für sich beanspruchen.
Israel ist der einzige Vertragsstaat im DBA-Netz der Schweiz, welcher verlangt, dass für das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates die Kapitalleistungen aus dem anderen Staat effektiv transferiert und effektiv besteuert werden muss, damit der andere Staat die Kapitalleistung steuerlich freistellt. Somit bestätigt sich auch die Interpretation der Ziffer 5 des Protokolls, womit das DBA Schweiz/Israel eine doppelte Nichtbesteuerung in beiden Vertragsstaaten verhindern will.
In Ziffer 5 des Protokolls DBA Schweiz/Israel besteht ein subsidiäres Besteuerungsrecht für den anderen Vertragsstaat, sofern der Ansässigkeitsstaat von seinem Besteuerungsrecht nicht Gebrauch macht. Somit gilt die Ziffer 5 als lex specialis gegenüber Art. 18 DBA Schweiz/Israel und die Schweiz hat das Recht eine Quellensteuer zu erheben, sofern Israel die Kapitalleistungen aus beruflicher Vorsorge zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht besteuert hat.
Schlussbemerkung
Die Besteuerung von Kapitelleistungen aus Vorsorge sind im internationalen Kontext immer wieder Gegenstand von steuerlichen Auseinandersetzungen. Die Steuerpflichtigen versuchen durch geschickte Nutzung der unterschiedlichen Besteuerungsregeln in einzelnen Ländern die Steuerbelastung auf Kapitalleistungen aus Vorsorge zu reduzieren oder sogar zu vermeiden. Der vorliegende Entscheid zeigt, dass die bestehenden Planungsmöglichkeiten auch aus Sicht der Schweiz immer mehr eingeengt werden. Durch die Einführung von Art. 5 Abs. lit. e DBG wurde einerseits unilateral ein wirtschaftlicher Anknüpfungspunkt für das Besteuerungsrecht in der Schweiz geschaffen. Die allfällige Unterdrückung dieses Besteuerungsrechtes der Schweiz im Rahmen eines DBA wird aber offensichtlich nicht mehr so einfach akzeptiert. Die Anwendung des Remittance-Prinzip und einer Subject-to-tax Clause halten immer mehr Einzug auch in den DBA der Schweiz und engen damit den Spielraum ein.