Steuerhinterziehung oder straflose Nachdeklaration?
Das ordentliche Veranlagungsverfahren zur Festsetzung der Einkommens- und Vermögenssteuern ist in der Schweiz ein «gemischtes» Verfahren, bei dem die steuerpflichtige Person zuerst einmal alle Informationen und Unterlagen den Steuerbehörden liefern muss und diese von den Steuerbehörden in einem zweiten Schritt lediglich überprüft bzw. zusammen mit der Deklaration plausibilisiert wird.
Sie unseren Newsletter
1. Mangelhafte Steuerdeklaration
Solange keine augenfälligen Unstimmigkeiten für die Steuerbehörden im Veranlagungsverfahren ersichtlich sind, werden diese keine weiteren Fragen oder Ausweiseinforderungen machen und die Steuereinschätzung im Sinne der Steuererklärung vornehmen.
Wir beraten Sie bei Steuerverfahren
In einem solchen Verfahrensablauf kann es zu unentdeckten Versäumnissen kommen. Dies kann ein vergessenes Mietzinskautionskonto, die schon vor Jahren geerbten Goldvreneli oder neuerdings eben auch Tokens von Kryptowährungen betreffen. Welche steuerlichen Konsequenzen ein solcher Deklarationsfehler mit sich bringen kann, zeigt der nachfolgende Blogbeitrag:
2. Folgen
Wenn die steuerpflichtige Person solche Versäumnisse erst nach der definitiven Einschätzung durch die Steuerbehörde feststellt, bleibt ihr nur das Instrument der Nachdeklaration. Eine Nachdeklaration führt unweigerlich dazu, dass die Steuerbehörde die Steuerveranlagungen der letzten Jahre nochmals öffnet und prüft, ob und wieviel Steuern zu wenig bezahlt wurden. Eine Nachdeklaration kann man jederzeit machen. Typischerweise hat eine Nachdeklaration die Form eines einfachen Schreibens zuhanden der Steuerbehörde, worin das Versäumnis und die Umstände der steuerpflichtigen Person beschrieben werden, mitsamt den notwendigen Beilagen.
Im Grundsatz hat die Nachdeklaration auch eine Busse zur Folge, da die steuerpflichtige Person durch die Einreichung der mangelhaften Steuererklärung zu wenig versteuert hat und damit eine Steuerhinterziehung beging.
2.1 Nachsteuern
Eine Nachsteuer ist dann zu entrichten, wenn aufgrund von neuen Tatsachen oder Beweismitteln, die der Steuerbehörde nicht bekannt gewesen waren, eine Veranlagung zu Unrecht unterblieben ist oder eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist. Die nicht erhobenen Steuern werden samt Verzugszins ab dem Zeitpunkt der betroffenen zu tiefen Steuerrechnungen von den Steuerbehörden nachgefordert. Der Zinssatz ist derzeit bei der direkten Bundessteuer 3% pro Jahr. Betreffend der Staats- und Gemeindessteuern kann dieser je nach Kanton zwischen 2.5% im Tessin und bis zu 8% in Neuenburg (2021) variieren. Dabei ist unwesentlich, ob die steuerpflichtige Person ein Verschulden trifft. Zu beachten ist jedoch, dass aufgrund der Verjährungsfrist nur die letzten 10 Jahre ab dem Zeitpunkt der Nachdeklaration berücksichtigt werden. Alle vorhergehenden Perioden können von den Steuerbehörden nicht nachbesteuert werden.
2.2. Busse
Grundsatz
Wenn aufgrund einer mangelhaften Steuererklärung in der Vergangenheit zu wenig versteuert wurde, erfüllt die steuerpflichtige Person in den allermeisten Fällen auch den Tatbestand einer vollendeten Steuerhinterziehung, welche mit Busse geahndet wird.
Wer sich der vollendeten Steuerhinterziehung strafbar macht, wird mit einer Busse in der Höhe des hinterzogenen Steuerbetrages bestraft. Je nach Schwere des Verschuldens kann die Busse auf einen Drittel des hinterzogenen Steuerbetrags ermässigt oder aber um das Dreifache erhöht werden.
Spezialfall: straflose Selbstanzeige
Für die steuerpflichtige Person besteht die Möglichkeit, sich einmal im Leben wegen vollendeter Steuerhinterziehung, also nach Rechtskraft der definitiven (unvollständigen) Steuereinschätzung, straflos selbst anzuzeigen. Solange die unvollständige Steuereinschätzung der Steuerbehörde im Zeitpunkt der Selbstanzeige nicht bekannt war und die steuerpflichtige Person die Steuerbehörde in der Veranlagung der Nachsteuer vorbehaltslos unterstützt, muss die Steuerbehörde diese als strafloser Deklarationsfehler anerkennen und auf die Busse verzichten. Die Steuerbehörde fordert einzig die ausstehende Nachsteuer samt Zins ein. Es ist hier empfehlenswert, die Nachdeklaration auch als erstmalige Selbstanzeige zu betiteln. Eine wiederholte Selbstanzeige wirkt sich wiederum strafmindernd aus, indem die Busse auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer ermässigt wird.
Eine erstmalige Selbstanzeige wird standardmässig von der kantonalen Steuerbehörde an die Eidgenössische Steuerverwaltung zur schweizweiten Registrierung weitergeleitet. Damit wird gewährleistet, dass eine steuerpflichtige Person nach einem Wohnsitzwechsel in einen anderen Kanton nicht erneut von einer straflosen Selbstanzeige profitieren kann.
Bei einer Nachdeklaration wird von der zuständigen kantonalen Steuerbehörde standardmässig geprüft, ob durch die nachdeklarierten Vermögens- bzw. Einkommenswerte effektiv Nachsteuern anfallen. Falls dies nicht der Fall ist, weil z.B. ein allfälliger Freibetrag bei den Vermögenssteuern noch nicht überschritten wird und auch keine Erträge im Zusammenhang mit den Vermögenswerten vereinnahmt wurden, ist weder eine Nachsteuer noch eine Busse geschuldet. Die Nachdeklaration wird damit auch nicht als straflose Selbstanzeige behandelt und damit auch nicht der Eidgenössischen Steuerverwaltung gemeldet.
Dies gilt auch dann, wenn der hinterzogene Betrag der Steuerschuld nur wenige Franken beträgt. Die diesbezüglich von den Steuerbehörden angewandten Schwellenwerte variieren jedoch von Kanton zu Kanton.
3. Schlussbemerkung
Solange aufgrund einer versäumten Deklaration eines Vermögenswertes effektiv keine Steuern hinterzogen wurden bzw. der Betrag der hinterzogenen Steuern weniger als ein paar Franken ist, muss eine Nachdeklaration nicht im Rahmen einer schriftlichen Selbstanzeige gemacht werden. Es empfiehlt sich in solchen Konstellationen vielmehr, in der nächsten Steuererklärung unter der Rubrik Bemerkungen einen entsprechenden Hinweis zu machen, dass der betroffene Vermögenswert nachdeklariert wird, jedoch bereits in vorangehenden Perioden bestand. Damit verwirkt die steuerpflichtige Person auch nicht ihr Recht auf eine zukünftige straflose Selbstanzeige.