Steuerbefreiung von Holdingstiftungen
Eine «Holdingstiftung» ist eine Stiftung, die an einem anderen Unternehmen beteiligt ist und damit mittels Stimmrechtsausübung Einfluss auf ein Unternehmen ausüben kann. Die Bedingungen, unter welchen eine Holdingstiftung steuerbefreit werden kann, sind in der Lehre umstritten. Der nachfolgende Beitrag zeigt, nach einer kurzen Aufzählung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Allgemeinen, die gesetzlichen Bedingungen sowie die umstrittenen Punkte bei einer Holdingstiftung unter Einbezug des Leitentscheids aus dem Jahr 2021 des Bundesgerichts.
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Voraussetzungen der Steuerbefreiung im Allgemeinen
Steuerbefreit sind gemäss Gesetz juristische Personen, die öffentlich oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, für den Gewinn, der ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken gewidmet ist. Unternehmerische Zwecke sind dabei grundsätzlich nicht gemeinnützig.
Gemeinnützigkeit verlangt gemäss Rechtsprechung einerseits eine Tätigkeit im Allgemeininteresse sowie ein uneigennütziges Tun. Zusätzlich verlangt das Gesetz, dass die Mittel der juristischen Person ausschliesslich dem gemeinnützigen Zweck verhaftet bleiben, mithin die Zweckbindung unwiderruflich ist. Schliesslich muss die juristische Person die Mittel auch tatsächlich für den gemeinnützigen Zweck einsetzen (vgl. weitere Ausführungen zu den Voraussetzungen in unserem Blogbeitrag «Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit»).
Sondervoraussetzungen für die Steuerbefreiung von Holdingstiftungen
Das Verfolgen von unternehmerischen Zwecken widerspricht mithin einer gemeinnützigen Zwecksetzung und damit grundsätzlich einer Steuerbefreiung.
Gemäss Gesetz kann jedoch explizit eine sog. «Holdingstiftung», welche wesentliche Kapitalbeteiligungen an einem Unternehmen erwirbt oder verwaltet und damit im Grundsatz auch unternehmerisch tätig ist, ausnahmsweise als gemeinnützig eingestuft werden, wenn die Stiftung folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Die Holdingstiftung erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen zur Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit und hat mithin einen gemeinnützigen Zweck.
2. Die Holdingstiftung ordnet ihr Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck unter.
3. Die Holdingstiftung darf keine geschäftsleitenden Tätigkeiten beim gehaltenen Unternehmen ausüben.
Was unter den zwei spezifischen Voraussetzungen für Holdingstiftungen genau zu verstehen ist, gehen wir nachfolgend nach:
Nichtausübung geschäftsleitender Tätigkeit
Gemäss dem Kreisschreiben Nr. 12 der ESTV aus dem Jahre 1994 ist eine deutliche organisatorische und personelle Trennung von Stiftungs- und Verwaltungsrat gefordert. Eine Verhinderung zur Einflussnahme auf die Unternehmensführung bei einer Kapitalbeteiligung ist insbesondere dann möglich, wenn ein anderer Rechtsträger die Stimmrechte hält, die Holdingstiftung mithin nur eine Kapitalbeteiligung unterhält.
In der Lehre stösst die durch das ESTV aufgestellte Bedingung, dass keinerlei Einflussnahme erlaubt ist, vermehrt auf Kritik. Massgeblich sei nur der tatsächlich ausgeübte Stiftungszweck. Das Halten von Beteiligungen sowie die damit einhergehende Einflussnahme im Rahmender gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten, gelte als Vermögensverwaltung. Auch eine stimmmässige Beherrschung dürfe kein Hinderungsgrund für eine Steuerbefreiung sein, solange die Holdingstiftung gemeinnützig tätig ist. Eine Einflussnahme durch die gemeinnützige Stiftung entspreche vielmehr der «Good Foundation Governance», was bedeutet, ein ganzheitliches Schutzsystem zu bieten und die Gesellschaft vor Interessenskonflikten und Fehlverhalten zu schützen (vgl. zum Ganzen mit weiteren Hinweisen Opel, Steuerbefreiung von Holdinggesellschaften, in: IFF Forum für Steuerrecht 2021, 349).
Unterordnung des Interesses an der Unternehmenserhaltung
Das Gesetz verlangt zudem, dass das Interesse an der Unternehmenserhaltung dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet wird.
Die ESTV leitet hiervon eine Pflicht zur substanziellen Ausschüttung von Gewinnen der gehaltenen Gesellschaft ab («Stiftung ist von der Unternehmung regelmässige mit ins Gewicht fallenden Zuwendungen zu alimentieren»).
Das Bundesgericht hat sich in dem Leitentscheid (BGer2C_166/2020 vom 10. Mai 2021) nicht direkt zur Ausschüttungspflicht geäussert. Entscheidend für die Verneinung der Steuerbefreiung war im zu beurteilenden Sachverhalt vielmehr, dass die Stiftung ihr ganzes Vermögen in eine Tochtergesellschaft investierte und damit ihr Vermögen nicht genügend diversifizierte. Die Fähigkeit der Stiftung, ihr Ziel langfristig zu verfolgen, hängte damit ausschliesslich von der Entwicklung und dem Überleben des früheren Unternehmens ab. Deshalb könne das Interesse an der Erhaltung des Unternehmens nicht als untergeordnet gelten.
In der Lehre gilt als unbestritten, dass im Sinne der Unterordnung an der Unternehmenserhaltung eine Art Ausschüttungspflicht besteht. Die vom Kreisschreiben Nr. 12 geforderten regelmässigen und substanziellen Ausschüttungen werden jedoch in der Lehre als zu weitreichend betrachtet. Das Unternehmen muss gemäss Opel Ausschüttungen an die Holdingstiftung tätigen, es soll dem Unternehmen aber nicht verwehrt sein, Reserven zu bilden. Ziel bzw. Massstab soll es vielmehr sein, dass die Holdingstiftung den gemeinnützigen Zweck nach wie vor erfüllen kann (vgl. insb. Opel, Steuerbefreiung von Holdinggesellschaften, in: IFF Forum für Steuerrecht 2021, 351).
Fazit
Gemäss den gesetzlichen Bestimmungen darf eine sog. Holdingstiftung den Erhalt des gehaltenen Unternehmens nicht über den Stiftungszweck stellen. Die von der ESTV davon abgeleitete Ausschüttungspflicht ist im Grundsatz in der Lehre unbestritten. Die Lehre erachtet es jedoch als zu starr, dass eine regelmässige und substanzielle Ausschüttung vorausgesetzt wird.
Das Bundesgericht äusserte sich in seinem Leitentscheid nicht explizit zu einer Ausschüttungspflicht, sondern verneinte die Steuerbefreiung im konkreten Fall aufgrund fehlender Vermögensdiversifizierung (vollständige Beteiligung bzw. Investition in ein Unternehmen), womit im Sinne des Gerichts die Unterordnung des Erhalts des Unternehmens, an dem die Stiftung beteiligt ist, vom gemeinnützigen Stiftungszweck per se ausgeschlossen ist.
Fraglich ist in Anbetracht dieser Rechtsprechung, wie die kantonalen Steuerbehörden dieses zusätzliche Kriterium überprüfen. Zu denken wäre zum Beispiel die Anwendung von Schwellenwerten betreffend die Diversifikation, welche soweit ersichtlich, sich jedoch noch nicht herausgebildet haben.