Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit
Grundsätzlich ist in der Schweiz jede natürliche und juristische Person verpflichtet, Steuern zu bezahlen. Nur unter bestimmten, im Gesetz festgeschriebenen Voraussetzungen ist es zulässig, dass juristische Personen von der Pflicht zur Zahlung von Steuern befreit werden. Darunter gehört auch eine Steuerbefreiung wegen öffentlicher oder gemeinnütziger Zwecksetzung. Der Grundgedanke bei der Steuerbefreiung von juristischen Personen wegen öffentlicher oder gemeinnütziger Zwecksetzung geht von der Idee aus, dass eine private Organisation Aufgaben übernimmt, welche nach Gesetz oder nach allgemeinem Empfinden von der öffentlichen Hand übernommen werden müssten. Die private Organisation übernimmt demzufolge an Stelle von staatlichen Institutionen Aufgaben, welche der Allgemeinheit dienen und unter den Begriff «Gemeinnützigkeit» eingeordnet werden können.
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Da sich der Begriff der Gemeinnützigkeit bzw. die Frage, was von der Gesellschaft als gemeinnützige Tätigkeit verstanden wird immer wieder verändert, wird die Definition der Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit ebenfalls immer wieder diskutiert und angepasst. In unserem neuesten Blogbeitrag gehen wir auf die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung aufgrund von Gemeinnützigkeit ein und beleuchten dabei insbesondere die jüngsten Entwicklungen diesbezüglich im Kanton Zürich, welche seine Praxis per Februar 2024 in einigen Aspekten erheblich überarbeitet hat. Die Entwicklung im Kanton Zürich vergleichen wir zudem mit der aktuellen Praxis in anderen Deutschschweizer Kantonen.
Voraussetzungen für die Steuerbefreiung
Für die Steuerbefreiung aufgrund Gemeinnützigkeit sind folgende Voraussetzungen erforderlich:
1. Juristische Person: Die steuerpflichtige Person muss eine juristische Person sein, damit eine Steuerbefreiung in Betracht kommt. Typischerweise betrifft dies Stiftungen und Vereine.
2. Allgemeininteresse (Gemeinnützigkeit im objektiven Sinn): Bei juristischen Personen mit gemeinnütziger Zwecksetzung stehen insbesondere karitative, humanitäre, gesundheitsfördernde, umweltbezogene, erzieherische, wissenschaftliche oder kulturelle Bestreben im Vordergrund. Die verfolgten Zwecke müssen aus gesellschaftlicher Gesamtsicht fördernswert sein. Ein breiter Destinatärkreis ist erforderlich, damit von einem Allgemeininteresse auszugehen ist. Dabei kann auch eine ausländische Tätigkeit im Allgemeininteresse der Schweiz liegen, soweit diese aus gesamtgesellschaftlicher Sicht ebenfalls als fördernswert wahrgenommen werden oder eine positive Ausstrahlung in die Schweiz haben. Im Zusammenhang mit ausländischen Aktivitäten muss nach neuer Praxis im Kanton Zürich eine notwendige Transparenz des Geldflusses sichergestellt sein. Andere Kantone wie Bern, Luzern und Zug folgen dem Vernehmen nach in diesem Punkt bereits der neuesten Praxis des Kantons Zürich, wobei eine sorgfältige Betrachtung jedes Einzelfalls im Vordergrund steht. Im Kanton Basel-Stadt wird derzeit eine Anfrage an den Regierungsrat geprüft, die klären soll, ob ausländische Tätigkeiten zukünftig als gemeinnützig anerkannt werden können, sofern sie schweizweit als förderungswürdig betrachtet werden (vgl. Interpellation von David Jenny vom März 2024).
3. Uneigennützigkeit (subjektiv): Eine Steuerbefreiung setzt zudem voraus, dass sich eine Institution selbstlos oder uneigennützig bzw. altruistisch verhält. Es dürfen keine Erwerbszwecke oder sonstigen unmittelbaren (wirtschaftlich oder persönliche) Interessen der juristischen Person oder ihrer Mitglieder miteinander verknüpft sein. Gemäss den Praxishinweisen der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) aus dem Jahre 2008 haben die Mitglieder von Stiftungsräten bzw. Vereinsvorstände ehrenamtlich, d.h. unentgeltlich zu arbeiten und damit gleichsam persönlich «Opfer» zu erbringen. Die Praxishinweise erlauben damit nur den Ersatz der tatsächlichen Auslagen sowie ein allfälliges bescheidenes Sitzungsgeld. Eine Ausnahme stellen ausserordentliche Aufgaben dar, die über ein gewöhnliches Stiftungsrats- oder Vereinsvorstandsmandat hinausgehen und damit eine Entschädigung rechtfertigen (z.B. wenn ein Anwalt im Stiftungsrat die Stiftung in einem Prozess vertritt). Von dieser strengen Steuerpraxis nehmen die grösseren Schweizer Kantone heute vermehrt Abstand. So hat der Kanton Zürich im Februar 2024 kundgetan, dass eine angemessene Entschädigung der Organe der juristischen Person einer Steuerbefreiung nicht entgegensteht. Die Angemessenheit der Entschädigung wird bei einer Stiftung durch die Stiftungsaufsicht, bei einem Verein durch das kantonale Steueramt Zürich überprüft. Dem Vernehmen erlauben die Kantone Bern, Luzern und Zug praxisgemäss bereits heute, dass Organe von steuerbefreiten Institutionen adäquat entschädigt werden können. Insbesondere für die Kantone Zug und Luzern spielt die genaue Überprüfung des Einzelfalls jedoch eine entscheidende Rolle. Zudem strebt die an den Regierungsrat im Kanton Basel-Stadt gerichtete Interpellation auch eine Klärung in dieser Angelegenheit an (vgl. 2. Allgemeininteresse).
4. Ausschliessliche Mittelverwendung: Die Aktivitäten der juristischen Person müssen ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dienen, wobei Eigeninteressen oder erwerbsorientierte Bestrebungen unzulässig sind. Das Steueramt Zürich hat diesbezüglich in seiner jüngsten Praxisanpassung vom Februar 2024 klargestellt, dass unternehmerische Fördermodelle über Darlehen oder sog. «Impact Investments» einer Steuerbefreiung nicht per se entgegensteht, selbst dann wenn ein Mittelrückfluss an die gemeinnützige Institution nicht ausgeschlossen ist. Voraussetzung hierfür ist gemäss neuer Praxis des Kantons Zürich, dass solche Aktivitäten in Märkten ohne bestehende Konkurrenz durchgeführt werden. Zudem müssen die aus diesen Tätigkeiten generierten Mittel wiederum vollständig und ausschliesslich zur Unterstützung des gemeinnützigen Zwecks der Stiftung verwendet werden. Auch diese Praxis wird in den Kantonen Bern, Luzern und Zug dem Vernehmen nach auch gelebt, während die Umsetzung in Basel-Stadt von der bevorstehenden Regierungsratsantwortabhängt.
5. Unwiderruflichkeit: Die Mittel, der Gewinn und das Kapital müssen dauerhaft und ausschliesslich für steuerbefreite Zwecke verwendet werden. Ein Rückfall der Mittel an Stifter bzw. Vereinsmitglieder ist nicht gestattet. Die Unwiderruflichkeit muss statutarisch verankert sein.
6. Tatsächliche Tätigkeit: Die gemeinnützige Zwecksetzung muss aktiv umgesetzt werden; die blosse Erwähnung in den Statuten reicht nicht aus. Dies bedeutet auch, dass ein Steuerbefreiungsgesuch stets mit Belegen zur aktiven Tätigkeit untermauert werden muss.
Beilagen für das Steuerbefreiungsgesuch
Vor der Antragstellung sollte man sich beim zuständigen kantonalen Steueramt erkundigen, welche Dokumente genau erforderlich sind. Üblicherweise zählen dazu:
- Eine schriftliche Übersicht über die Erfüllung der Steuerbefreiungsvoraussetzungen,
- Ein Tätigkeitskonzept inkl. Budget,
- Jahresberichte und Jahresrechnungen der letzten drei Jahre (falls vorhanden),
- Reglemente zur Organisation und Spesen.
Für Vereine sind zusätzlich die Vereinsstatuten und das Protokoll der Gründungsversammlung vorzulegen. Für Stiftungen die öffentlich beurkundete Stiftungsurkunde und ein Handelsregisterauszug.
Fazit
Das Schweizer Steuerrecht ermöglicht es juristischen Personen mit gemeinnütziger Zwecksetzung unter gewissen Voraussetzungen von der Gewinn- und Kapitalsteuerpflicht befreit zu werden. Dabei zeigt sich in der Praxis der Kantone eine Tendenz zur Flexibilisierung der vormals strengen Anforderungen. So lockerte der Kanton Zürich erst im Februar 2024 seine Steuerpraxis zur Steuerbefreiung gemeinnütziger Stiftungen und Vereine. Ein Trend, der auch in den Kantonen Bern, Luzern und Zug erkennbar ist. Die Erwartung besteht, dass die jüngsten Entwicklungen auch als Vorbild für weitere Kantone dienen könnten und sich im Zuge dessen auch die Leitlinien der SSK aus dem Jahre 2008 angepasst werden. Eine solche Anpassung wäre insbesondere aus Sicht der Rechtssicherheit zu begrüssen.
Für gemeinnützige Organisationen ist es von entscheidender Bedeutung, sich eingehend mit den spezifischen Anforderungen und Praxisunterschieden in den jeweiligen Kantonen auseinanderzusetzen. Erfahrungsgemäss ist es ratsam, bereits im Vorfeld einer Stiftungserrichtung oder Vereinsgründung proaktiv Kontakt zur kantonalen Steuerbehörde aufzunehmen, wo der Verein- bzw. Stiftungssitz geplant ist. Dies ermöglicht es, etwaige Bedenken der Steuerbehörden frühzeitig in der finalen Ausgestaltung der Stiftungsurkunde, der Vereinsstatuten oder eines Reglements zu berücksichtigen.